Nur ganzheitlich betrachtet lassen sich die Prozesse der fertigenden Industrie weiter optimieren. „Das ist Kern des Industrie-4.0-Gedankens, eigentlich eine konsequente Weiterentwicklung der Systemlandschaft der letzten Jahre“, so Mücke. Es sei letztlich nichts anderes als die Automatisierung und Vernetzung von Produktionsanlagen aus mechanischen und elektrischen Komponenten. Solche Anlagen liefern Informationen in Form vieler Daten. „Die Herausforderung besteht darin, sie so aufzubereiten und zu nutzen, dass sie wirtschaftliche Vorteile bringen.“
Das „Tool Data Management“ spielt nach Mückes Überzeugung eine zentrale Rolle in der Industrie 4.0, um technische und betriebswirtschaftliche Abteilungen zu vernetzen. In vielen Unternehmen existieren heute zwei grundsätzliche Strukturen nebeneinander her: ein technischer Ablauf, realisiert durch PDM- (Product Data Management) oder PLM- (Product Lifecycle Management) Systeme, und ein betriebswirtschaftlicher, gesteuert durch ERP-(Enterprise Ressource Planning) Systeme.
TDM als Bindeglied
Das Tool Data Management ist vernetzt mit PLM/CAM-Systemen oder BDE/MDE/MES-Systemen, aber auch zum Materialstamm und zu Aufträgen aus dem ERP-System. Echtzeit-Informationen aus der Maschine helfen, die Prozesse beider Bereiche weiter zu optimieren und Produkt- sowie Herstellkosten zu reduzieren.
Seit langem ist bekannt, dass bereits in der Konstruktion etwa 70 Prozent der Produktkosten festgelegt werden. Ein Beispiel: Das Ändern eines Lochdurchmessers von 10 auf 10,2 Millimeter erfordert nur einen Mausklick. Wenn aber in der Werkstatt das Werkzeug für den neuen Durchmesser fehlt, entstehen Probleme, die den Prozess stören. Durch Zugriff auf entsprechende Werkzeugdaten sieht der Konstrukteur bereits in seinem CAD-System, ob die Fertigung des gewünschten Lochs effizient möglich ist. Voraussetzung sind Werkzeugdaten mit Werkzeuggeometrie und technologischen Informationen über Schnittwerte, Fertigungsverfahren sowie Maschineninfor-mationen. Thomas Mücke: „Mit diesen Daten kann der Kon-strukteur eine Vorkalkulation durchführen, um die Machbarkeit und die Kosten der Bearbeitungsoperationen zu auszuwerten.“
Datenfluss ist Voraussetzung für Industrie 4.0
Ein reibungsloser Datenfluss von der Maschine ist die Voraussetzung für Prozessoptimierungen und Einsparungen. Die Vielzahl der Daten in Form von Schnittwerten und Technologieinformationen muss organisiert, gesteuert und gespeichert werden. Dabei helfen Maschinenkonnektoren, die eine Verbindung zur Maschinensteuerung herstellen und so den Rückfluss von beispielsweise Reststandzeiten, Maschinenbelegungen oder Schnittwerten von Werkzeugen ermöglichen. „TDM kann diese Daten leicht erfassen und speichern; sie sorgen für einen umfassenden Nutzen in verschiedenen Bereichen“, erklärt Mücke und nennt ein Beispiel: Die Reststandzeiten der Werkzeuge lassen sich für eine transparente Lagerplanung nutzen. Sie werden bestandsoptimiert und zeitnah bestellt, das senkt Lager-kosten und Kapitalbindung. Echtzeit-Informationen über Maschinenbelegung und Zustand der Werkzeuge ermöglichen ein flexibles und umsichtiges Einplanen der Fertigungsaufträge auf die Maschinen. Dabei werden Zustand, Einsatz- oder Lagerort der Werkzeuge berücksichtigt. Aufträge lassen sich kurzfristig umplanen und mit Alternativwerkzeugen fertigen, Rüstkosten und -zeiten gehen markant zurück, „die Maschinen und Werkzeuge können das tun, was sie sollen: fertigen!“
Fokus auf den gesamten Kundenauftrag legen
„Entscheidend ist der Kundenauftrag“, betont der TDM-Experte: „Je schneller versandfertig desto schneller fakturiert.“ Die Durchlaufzeit eines Kundenauftrages sollte also so kurz wie möglich sein. Engpassmaschinen mit Materialstau können da alle anderen Erfolge zunichtemachen. Gegensteuern lässt sich durch Alternativ-Arbeitsgänge im Arbeitsplan oder im Fertigungsauftrag.
Die notwendigen NC-Programme erfordern eine automatisierte CAM-Programmierung. Eine automatische Feature-Erkennung im CAM-Prozess mit anschließender virtueller Simulation mit Daten aus TDM sorgen für Tempo und gleichbleibende Qualität. Das optimale Einplanen der Fertigungsaufträge auf die passenden Maschinen und Werkzeuge erfordert ein vernetztes Denken. „Hierfür müssen APS- (Advanced Planning Sceduling) und MES- (Manufacturing Execution System) Systeme integriert werden.“
Schnelle Informationen aus dem System
Wie das in der Praxis aussieht, zeigen einige typische Beispiele. Im Wartungsfall schickt die Maschine eine Information an TDM, welche sie so aufbereitet, dass sich die Stillstandzeit der Maschine planen und minimieren lässt. Wird ein Arbeitsgang auf eine andere Maschine verlegt, kann TDM Werkzeuge sofort wieder für andere Aufträge freigeben und so die Kapitalbindung reduzieren. Durch reale Schnittwerte aus der Maschine können CAM-Systeme die Bearbeitungszeit reduzieren und sie helfen der Konstruktion. Solche Informationen werden in Zukunft auf allen Endgeräten in Echtzeit zur Verfügung stehen. Da die Daten immer dem Fertigungsauftrag zugeordnet sind, lassen sie sich nachverfolgen. Thomas Mückes Fazit: „Vernetzung verspricht erhebliche Produktionssteigerungen, da letztlich die Maschine mehr produziert.“