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Werkzeugtransparenz in der MAN-Motorenfertigung

Ihre Produkte sind auf den Weltmeeren und in Kraftwerken zuhause: MAN Diesel & Turbo France. In Saint-Nazaire an der Atlantikküste entstehen Dieselmotoren, bei denen schon mal eine einzelne Pleuelstange die Abmessungen eines ausgewachsenen Männerbeins erreichen kann. Um sie herzustellen, sind mehrere Hundert Werkzeuge nötig. Für Transparenz sorgt die Software von TDM.

Hier ist die Seefahrt zuhause und MAN France sitzt mittendrin. Die Anfahrt zum traditionsreichen Industriekomplex zwischen Kais und Werftanlagen führt kilometerlang durch Hafengelände. „Was ist das?“, fragt sich der Besucher spontan. Es sind fertige Motoren auf dem MAN-Freigelände, deren Größe es mit jedem Lieferwagen aufnehmen könnte.

Ab 1946 produzierte die MAN-Vorläufergesellschaft S.E.M.T., die Société d'Etudes de Machines Thermiques, in Saint-Nazaire Dieselmotoren unter dem Markennamen Pielstick. Benannt sind sie nach Gustav Pielstick, einem deutschen Ingenieur und Fachmann für Schiffsmotoren. Er begann seine Laufbahn 1911 im MAN-Werk Augsburg, Stammsitz der Gruppe, die mittlerweile zum Volkswagen-Konzern gehört. 

Pielstick hatte Rudolf Diesel, der 1913 starb, noch persönlich kennengelernt. Er widmete sich vor allem der Entwicklung von Dieselmotoren für die Schifffahrt. Mit der französischen Werftindustrie verband Pielstick ab 1946 ein Konstruktionsbüro, das er in Courneuve/Seine betrieb. Dort entwickelte er bis 1957 hochaufgeladene Viertaktmotoren für Handels- und Marineschiffe, aber auch für Lokomotiven.

IT-Umbruch in 2009

MAN übernahm 2006 S.E.M.T. und firmierte 2010 in MAN Diesel & Turbo France SAS um. Sie gehört zur MAN Diesel & Turbo SE, die im vergangenen Jahr mit fast 15.000 Mitarbeitern etwa 3,3 Mrd. Euro zum Gesamtumsatz der MAN-Gruppe von 14,3 Mrd. Euro beitrug. Weiterhin gepflegt wird der klangvolle Markenname Pielstick, unter dem weltweit auch andere Hersteller unter Lizenz Dieselmotoren herstellen. Etwa 15.000 mit insgesamt 45 Giga-Watt Leistung sind installiert. Die Leistung jedes einzelnen Motors reicht von 500 bis 26.500 kW. Eingesetzt werden sie nicht nur in Schiffen, sondern auch in Kraftwerken und Notstromaggregaten. 

Im Werk Saint-Nazaire montiert und testet MAN große Viertaktdieselmotoren und Dual-Fuel-Motoren, die mit flüssigen und gasförmigen Kraftstoffen betrieben werden können. Dort entstehen auch Ersatzteile wie Pleuelstangen, Zylinderköpfe und Kurbelgehäuse. Raphaël Cuartero ist Leiter des Industrial Engineerings und der Instandhaltung. Er erinnert sich an das Jahr 2009: „Wir starteten im Frühjahr das Projekt SAP-Einführung und erfuhren dann, dass unser Werkzeugverwaltungsprogramm nicht mehr weiterentwickelt wurde.“ So kam die Migration zu TDM, der Software des gleichnamigen IT-Dienstleisters aus Tübingen, auf den Plan. 

Wir konnten TDM gleich problemlos an unser neues ERP-System von SAP anschließen.

François Valentin
IT-Leiter bei MAN Diesel & Turbo France
 

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St. Nazaire ist Vorreiter bei Tool Data Management

Eine Mammut-Aufgabe für Cuartero und sein Team, die aber letztlich hervorragend gelöst wurde. In Sachen TDM gilt das Werk in Saint-Nazaire seitdem als Vorreiter bei MAN Diesel & Turbo. Cuartero erinnert sich an die entscheidende Besprechung mit seinen Kollegen aus Augsburg: „Sie forderten Vergleiche mit anderen Werkzeugverwaltungen – und am Ende wurde, in Augsburg ebenfalls, TDM eingesetzt.“ 

In Frankreich stieg man gleich voll ein und investierte in fast alle Module des integrierten Tool Data Management-Systems. Raphaël Cuartero zählt auf: „Wir setzen neben dem Basismodul den Daten- und Grafikgenerator für Dreh- und rotierende Werkzeuge, den 2D-Grafik-Editor und den Konturgenerator ein. Außerdem nutzen wir das Lager-, das Bestellanforderungsmodul und TDMcontrol.“ Acht der über 600 Mitarbeiter in Saint-Nazaire arbeiten direkt mit TDM. René Taillade, TDM-Vertriebspartner in Frankreich: „Wir haben die MAN-Mitarbeiter direkt hier an Ort und Stelle geschult.“

 

Vollautomatisiertes Bestellwesen spart Zeit

Wichtig sind für MAN die zahlreichen Schnittstellen, die der Pionier in Sachen digitale Werkzeugverwaltung inzwischen bietet. Sie sind das Spezialgebiet von IT-Leiter François Valentin: „Wir konnten TDM gleich problemlos an unser neues ERP-System von SAP anschließen.“ Hierüber läuft beispielsweise vollautomatisiert das Bestellwesen. Meldet das Werkzeuglagersystem des französischen Herstellers Electroclass SAS das Unterschreiten eines Mindestbestandes, wird die Bestellanforderung ausgelöst. Valentin: „Früher mussten wir das von Hand machen; das war eine Vollzeitstelle.“ 

Für Montage und Voreinstellung der Werkzeuge setzt MAN France Voreinstellgeräte von Kelch ein. René Taillade: „Die notwendigen Daten stellt unsere Schnittstelle easyKELCH bereit.“ Eine weitere Schnittstelle zum CAM-System EDGECAM liefert zusätzlich CAD-Funktionalitäten zum automatisierten Konvertieren und manuellen Bearbeiten von 3D-Werkzeuggrafiken.

CAD-Unterstützung extrem wichtig

„Wir müssen häufig die CAD-Modelle der Werkzeughersteller nacharbeiten, gerade da sind die Module des Grafikgenerators besonders hilfreich“, erklärt Olivier Truchot, TDM-Key-User und Spezialist für zerspanende Werkzeuge bei MAN. „Auch wenn die Zahl zunimmt, gibt es bis jetzt lediglich nur für etwa 30 Prozent der Werkzeuge von den Herstellern 3D-Daten.“ MAN France bezieht seine Werkzeuge unter anderem von Walter, Sandvik Coromant, Seco, Kennametal und Gühring. Hinzu kommen einige Hersteller von Spezialwerkzeugen, die etwa ein Viertel aller Werkzeuge ausmachen. 

Raphaël Cuartero verdeutlicht an Beispielen die Stückzahlen, um die es geht: „Für die Herstellung eines Zylinderkopfes oder eines Pleuels brauchen wir etwa 130 Komplettwerkzeuge, die sich aus 600 Komponenten zusammensetzen.“ Insgesamt verfügt das Werk über etwa 20.000 Werkzeuge. Gebraucht werden die 3D-Daten aller Werkzeuge für neue Produkte, „denn die simulieren wir grundsätzlich vor der Fertigung mit Vericut, das die 3D-Daten über die entsprechende TDM-Schnittstelle erhält.“ 

Wir simulieren grundsätzlich vor der Fertigung mit VERICUT, das die 3D-Daten über die entsprechende TDM-Schnittstelle erhält.

Raphaël Cuartero

Leiter des Industrial Engineerings bei MAN Diesel & Turbo France

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Vernetzung der MAN-Werke durch TDM

Viele 3D-Modelle entstehen deshalb bei MAN in Saint-Nazaire. Das stieß bereits auf großes Interesse in Augsburg. „Wir wollen doppelte Arbeit vermeiden und die 3D-Modelle in einer gemeinsamen Datenbank bereitstellen“, sagt Cuartero. Derzeit liegen die TDM-Daten noch auf einem Server in Saint-Nazaire, wie IT-Leiter François Valentin erklärt. Aber die Vernetzung hat längst begonnen. Der Informationsfluss zwischen den Werken soll verbessert werden. Das Ziel lautet, die IT-Landschaft von MAN zu harmonisieren. Werkzeuge mehrfach aufwändig als 3D-Modell anzulegen, soll es in Zukunft nicht mehr geben.

François Valentin, eigentlich ein Mann der Zahlen, sieht die Vernetzung nicht nur technisch. Als einen zentralen Erfolgsfaktor des Projekts TDM bezeichnet er das „Ende des Silo-Denkens der Werke Saint-Nazaire und Augsburg“. Die Mitarbeiter sind sich über die TDM-Einführung und durch den permanenten Best-Practice-Austausch wesentlich näher gekommen und die enge Zusammenarbeit sei heute eine Selbstverständlichkeit. So leistete TDM sogar einen Beitrag zur Völkerverständigung.

MAN Diesel & Turbo - Anbieter von Großdieselmotoren und Turbomaschinen

Die MAN Diesel & Turbo SE (Societas Europaea) mit Sitz in Augsburg ist Anbieter von Großdieselmotoren und Turbomaschinen für maritime und stationäre Anwendungen. Das Unternehmen beschäftigt rund 14.400 Mitarbeiter an mehr als 100 internationalen Standorten, insbesondere in Deutschland, Dänemark, Frankreich, der Schweiz, der Tschechischen Republik, Indien und in China.

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