Ihm macht in Sachen Werkzeugverwaltung keiner was vor: Manfred Treß, Fertigungsmeister in der mechanischen Bearbeitung und aktuell verantwortlich für die Instandhaltung der Maschinen bei der Liebherr-Werk Ehingen GmbH, hat die Entwicklung seit den 1990er-Jahren selbst erlebt und mit gestaltet. Ein echt schwäbisches Urgestein, das mit seinen 59 Jahren immer noch für den Beruf „brennt“ wie am ersten Tag. Kräftig, mit fester Stimme und blitzenden Augen glaubt man dem gelernten Werkzeugmacher sofort, dass er sich „sofort wieder für diesen Beruf entscheiden“ würde.
Bei Liebherr ist er seit 1976. Fast vier Jahrzehnte baut Treß mit an Groß- und Automobilkränen, die in der ganzen Welt gefragt sind. Seit einigen Jahren entstehen in Ehingen außerdem Beschattungsanlagen, gigantisch große Sonnenschirme, die trotz ihrer gewaltigen Maße filigran wirken. Wer genau hinschaut, erkennt die Ähnlichkeit mit großen Krankonstruktionen. Auf diese weltweiten Unikate ist Manfred Treß besonders stolz.
Kleine Serien, große Teilevielfalt
Unikate ist das Stichwort: Großserien gibt es in Ehingen nicht, die Stückzahlen bleiben überschaubar. Damit ist klar, die Maschinen in der Fertigung müssen möglichst vielseitig sein. Die Bearbeitung der Teile erfordert Unmengen an unterschiedlichsten Werkzeugen, die zum richtigen Zeitpunkt in der richtigen Menge am richtigen Ort sein müssen. Derzeit laufen etwa 15000 bis 17000 Programme, hinter denen 4000 bis 5000 Werkzeuge und Werkzeugkomponenten stehen.
Als Treß vor fast zwanzig Jahren aus der Schichtarbeit ausstieg, wartete eine spannende Aufgabe auf ihn: Er sollte in der Fertigung eine neue Werkzeugverwaltung organisieren. Die bisherige Werkzeugverwaltung war praktisch nur der Programmierabteilung zugänglich. „Nur die Programmierabteilung wusste, welches theoretische Werkzeug wir überhaupt hatten. Meine Aufgabe war es nun, Theorie und Praxis miteinander zu verknüpfen.“ Zunächst einmal besorgte er sich die Informationen der Programmierabteilung, „dann bin ich einfach raus in die Werkstatt, habe mir ein Werkzeug gesucht und versucht, es in CAD-Form zu bringen und in den Bestand aufzunehmen.“ Damals musste er viel Lehrgeld zahlen, „heute gibt es solche Daten meist fertig aus den verschiedensten Quellen.“
Umbruch zur Jahrtausendwende
Der entscheidende Umbruch kam jedoch mit dem Jahr 2000. Zwar gab es zu diesem Zeitpunkt bereits ein Verwaltungsprogramm „mit guter Struktur, Komponentennummern und allem, was sonst so dazugehört“. Aber das speziell für Liebherr Ehingen erstellte Programm war nicht Jahr-2000-fähig. „Wir standen vor der Frage, ob wir wieder etwas Eigenes entwickeln - aber nachdem wir auf Konzernebene von den guten Erfahrungen mit TDM Systems erfahren hatten, fiel die Entscheidung ziemlich schnell.“
Der wichtigste Fortschritt ist für Manfred Treß die Verknüpfung von Werkstatt, Maschine und Programmierabteilung, „alle Prozessbeteiligten können auf dieselbe Informationsquelle zugreifen“. Er macht das an einem einfachen Beispiel deutlich: „Wir können kein Loch bohren, das der Konstrukteur vorgesehen hat, wenn wir den Bohrer nicht in der Werkstatt haben.“ Fehle der Bohrer, müsse er beschafft werden, was wiederum der Besteller rechtzeitig wissen muss. „Die hierfür notwendige Kommunikation, die funktioniert jetzt tadellos.“
Ein weiterer entscheidender Faktor für die Wahl der TDM-Lösung: die Kontinuität in der Entwicklung. „Ein solches Programm muss ständig weiterentwickelt werden, wobei immer darauf geachtet werden sollte, was der Nutzer tatsächlich braucht.“ Das beste Programm nütze nichts, wenn es in der Werkstatt nachher so kompliziert sei, dass „keiner es mehr kapiert. Jeder vom Fach muss es auf Anhieb verstehen und damit arbeiten können“. Wichtig sei in diesem Zusammenhang die Integrität der Daten, weshalb er zu große Sprünge in den Programmversionen in kurzer Folge kritisch sieht: „Wir haben mit einigen Programmen immer wieder Schwierigkeiten hinterher zu kommen, wir können einfach nicht alle zwei Jahre alles anders machen.“ Für eine sinnvolle Weiterentwicklung hält Manfred Treß jedoch das jetzt von TDM Systems vorgestellte ‚Tool Lifecycle Management‘: „Ich denke, das ist eine konsequente Weiterentwicklung in die richtige Richtung, auch vor dem Hintergrund von Industrie 4.0.“
Im Span lesen
Bald zwei Generationen steht Manfred Treß nun im Beruf, fast alles habe sich geändert. „Früher waren die Maschinen zum Beispiel nicht so gekapselt wie heute, da flogen uns die Späne noch um die Ohren.“ Mit Nostalgie hält sich der immer an Neuem interessierte Treß nicht lang auf. Aber dennoch sieht er Gefahren, wenn dem Beruf heute ein absolut sauberes Image verpasst werde, um die „Generation Nachwuchs“ zu gewinnen: „Das Gefühl für das Material droht verloren zu gehen, wenn sich alles hinter verschlossenen Türen abspielt.“ Auch in Zukunft würden Menschen gebraucht, die nicht nur Knöpfchen drücken, sondern sich in den Prozess hineinfühlen, quasi aus dem Span lesen können, ob alles perfekt läuft. Aber genau dafür bleibt mehr Zeit, wenn das richtige Werkzeug zur Hand ist und man es nicht erst - wie früher beim Kollegen - stibitzen muss.
Liebherr-Werk Ehingen – das Unternehmen
Liebherr in Ehingen hat sich mit weltweit zahlreichen eigenen Niederlassungen sowie ausgezeichneten Service-Leistungen zum Weltmarktführer für Fahrzeugkrane etabliert. Kontinuierliche Investitionen in einen hohen Standard für Kundendienstleistungen und in die Vertriebs- und Serviceniederlassungen auf allen Kontinenten lassen Liebherr Ehingen weltweit sehr erfolgreich agieren.
Die Liebherr-Werk Ehingen GmbH wurde im Jahr 1969 gegründet und feierte 2006 die Auslieferung des 20.000sten Kranes. In weniger als acht Jahren wurden 10.000 weitere Liebherr-Fahrzeugkrane an Kunden in aller Welt ausgeliefert. Bei einem Marktanteil von aktuell rund 48 % stammt nahezu jeder zweite weltweit gebaute AllTerrain-Kran aus dem Liebherr-Werk in Ehingen.